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Fachtagung 2./3. Juni 2011 in Fulda |
3. Fuldaer Feldarbeitstage Eine Veranstaltung der Sektionen „Wissenssoziologie“
und „Professionssoziologie“ der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in
Kooperation mit und auf Einladung der Hochschule Fulda - Fachbereiche
„Sozial- und Kulturwissenschaften“ und „Pflege und Gesundheit“ „Keineswegs (plädiere
ich) dafür, dass man statt praktischer Feldforschung – also den Leuten
zuschauen, über die Schulter sehen, mit den Leuten reden und ihre
'Dokumentationen' studieren – nunmehr 'Introspektion' (und im Gefolge dann
'Bilderbuch-Phänomenologie') betreiben sollte. Es geht mir lediglich darum,
dass die Reflexion eigenen Erlebens
und eigener Erfahrungen stärker in die Praxis empirischer Sozialforschung
integriert wird. Es geht mir also um ein Forschungsverfahren, das verschiedene
Möglichkeiten der Datenerhebung zu integrieren und eine Reihe von je
spezifisch sich eignenden Methoden zu
applizieren sucht, um so das Geschehen aus der Perspektive des
(typischen) Teilnehmers beschreiben und unsere analytischen Kommentare
daraufhin überprüfen zu können, auf welche Relevanzsysteme sie sich jeweils
beziehen.“ – Anne Honer:
Feldforschung (unveröffentlichtes Arbeitspapier, Fulda) |
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Radikaler als in anderen ethnographischen Ansätzen geht es in der – von
Anne Honer konzipierten – „lebensweltlichen“ bzw. (in jüngerer Zeit dann)
„lebensweltanalytischen“ Ethnographie darum, die Lebenswelten anderer
Menschen zu erkunden. Lebensweltanalytische Ethnographie basiert auf der
Prämisse, dass jede Welt, die nicht als Lebenswelt, die also nicht als das
Insgesamt einer erlebten Welt
begriffen wird, eine Fiktion ist – z.B. eine Fiktion des galileisch-kopernikanisch-newtonschen Paradigmas, an das wir (so gut wie) alle
glauben. Tatsächlich aber haben wir kein Wissen von einer nicht erlebten
Welt, sozusagen von einer Welt an sich.
Die je eigene Lebenswelt zu
erkunden, ist bereits ein schwieriges, im wesentlichen
von der Mundanphänomenologie in Angriff genommenes
Programm. Die Lebenswelten anderer
Akteure zu erkunden, erfordert demgegenüber noch etliche zusätzliche
Vorkehrungen und Maßnahmen. Lebensweltanalytische Ethnographie kann man z.B. nicht betreiben in der Annahme, man wisse besser, ‚worum es
geht‘, als die, deren Lebenswelt man erforschen will. Man kann also z.B.
weder mit einem psychotherapeutisch-psychoanalytischen, noch mit einem
pädagogischen Anspruch lebensweltanalytische Ethnographie in einem plausiblen
Sinne machen. Wenn man meint, besser als die, die man untersucht, zu wissen,
was wichtig ist, treibt man alles Mögliche, aber eben keine lebensweltanalytische Ethnographie. Lebensweltanalytisch
arbeitende Ethnographinnen und Ethnographen interessieren sich dafür, was denen wichtig ist, für die sie sich
(warum auch immer) interessieren. Das zentrale
methodische Element der (prinzipiell methodenpluralen)
lebensweltanalytischen Ethnographie ist dementsprechend – in Gegenüberstellung
zur teilnehmenden Beobachtung – die beobachtende Teilnahme. D.h. es geht darum, ‚ernsthaft‘ teilzunehmen und dabei
auch doch (möglichst viel, möglichst genau) zu beobachten. Die damit gemeinte Vorgehensweise lässt sich aber auch als
beabsichtigte zeitweilige ‚Verkafferung‘ begreifen:
Wer lebensweltanalytische Ethnographie betreibt, geht durchaus mit der
Intention in ein Feld, eine bzw. einer zu werden wie die, mit denen sie bzw.
er dort zu tun hat. Das ist oft schwierig. Nicht nur, weil die bzw. der Forschende
mitunter moralische oder sonstige Abscheu überwinden, sondern auch, weil sie
bzw. er stets ‚mit angezogener Handbremse fahren‘ bzw. mit dem Vorbehalt
agieren muss, irgendwann wieder in die eigene Studierstube und in die
Scientific Community zurückzukehren und dann über dieses zeitweilige ‚going native‘ berichten zu können. Dieses ‚Berichten‘
wiederum geschieht im Rahmen lebensweltanalytischer Ethnographie im Rekurs
auf verfahrenstechnisch kontrollierte Interpretationen der im Feld wie auch
immer erhobenen Daten. Für
diese 3. Fuldaer Feldarbeitstage bitten wir um Beiträge zu theoretischen, methodologischen,
methodischen Aspekten einer (kritischen)
Weiterentwicklung und insbesondere auch zu empirischen
Umsetzungen des Konzeptes der lebensweltanalytischen Ethnographie. Senden Sie
bitte ein kurzes Exposé (ca. 2500 Zeichen) bis spätestens 31. Januar 2011
an Ronald
Hitzler (ronald@hitzler-soziologie.de) Simone
Kreher (Simone.Kreher@pg.fh-fulda.de) Michaela
Pfadenhauer (pfadenhauer@professionssoziologie.de)
Norbert Schröer (norbert.schroer@sk.hs-fulda.de) |
[1] Das Schriftenverzeichnis von Anne Honer finden Sie unter http://www.hitzler-soziologie.de/vernetzung.html